Die folgenden Thesen wurden 2011 aus Anlaß der Kommunalwahlen in Hessen mit Blick auf die Kasseler Situation geschrieben.
THESEN ZUR KULTURPOLITIK
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Eine Stadt bezieht ihre Attraktivität aus der Lebendigkeit ihrer Kultur.
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Die hier lebenden Produzenten sind die Basis jeder kommunalen Kultur.
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Die finanzielle und infrastrukturelle Förderung der Produzenten ist die Grundaufgabe der Kulturpolitik.
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Die Förderung kontinuierlicher Arbeit schafft langfristig eine sichere Quantität und Qualität.
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Nicht die sog. Kulturwirtschaft ermöglicht das kulturelle Leben, sondern die Produzenten und ihr Publikum.
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Der Profit der Kulturwirtschaft bedeutet die Enteignung der Produzenten.
Die Produzenten bedienen die Mietforderungen, ihre
Arbeit legitimiert die Personalkosten der Ämter und Kulturhäuser,
die Produzenten sichern die Einnahmen der Werbewirtschaft und eines
Teils der Gastronomie, der Veranstaltungstechniker etc. ... und über
all das wiederum Steuereinnahmen der Stadt. Und wenn alles bezahlt ist
gehen viele Produzenten wieder mit leeren Taschen nach Hause.
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Die Traditionen einer Stadt müssen immer im Hinblick auf die Interessen einer lebendigen Kultur betrachtet werden.
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Die Ideologie vom Alleinstellungsmerkmal bezieht
ihren Charme aus der unverhohlenen Logik des Tourismus. Dadurch wird
für Touristen in Kassel ein Angebot geschaffen, das zugleich dem Aufbau
einer attraktiven und lebendigen Stadt widerspricht. Adressat dieser
Politik sind Touristen und das Touristengewerbe. Nur bedingt die
Menschen hier.
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Das führt zu einer Zombiekultur, in der die großen
Toten der Vergangenheit ihr permanentes Stelldichein geniessen, der
lebendige Rest sich aber bettelnd vor geschlossenen Rathaustüren trifft
und‘Rettet Mich‘ schreit.
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Man muß lernen, daß die Attraktivität einer Stadt
durch nichts so sehr gesteigert wird, wie durch die Faszination einer
lebendigen Kulturszene. Kassel hat in dieser Hinsicht ein wichtiges
Ziel verfehlt.
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Eine Überzahl von Großereignissen behindert entschieden den Aufbau einer lebendigen Kultur.
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Die Legitimation kostenintensiver Institutionen
(z.B. Staatstheater) ist zu überprüfen und die inhaltliche Arbeit neu
auszurichten. In die vertikale Struktur (wir geben-ihr nehmt) ist die
horizontale einzugliedern (Arbeit mit und für...Produktionen in und mit
Stadtteilen/Stadtteilgruppen).
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Dem Ausbau des musealen Kulturbereichs (Museen,
Archive, Programme des Theaters...) muß gegengesteuert werden zugunsten
einer Kultur zeitgenössischer Produzenten.
(z.B.: statt Szeemann-Archiv Finanzierung
regelmäßiger Ausstellungen für Kasseler Künstler u.a. mehr: z.B. eine
bessere Ausstattung der Bibliotheken mit wissenschaftlicher Literatur
und/ oder Ausbau des skandalös unzureichenden Bestandes an Partituren
zeitgenössischer Musik).
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Es gilt, Inhalte und Ideen zur Diskussion zu stellen, nicht oberflächliche Konsumware.
Kulturpolitik muß sich jeder - auch der selbstverschuldeten - Verblödungspolitik entziehen.
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Kulturpolitiker und Verantwortliche der Verwaltung
müssen immer einen genauen Einblick in die Aktivitäten der Kultur- und
Kunstszene haben. Dies geht NICHT vom Schreibtisch aus.
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Quoten, Sponsoring, Zwang zu fragwürdigen Kooperationen: all das behindert eine lebendige Kultur
mehr als daß es ihr nützt.
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Der Separatismus der existierenden Institutionen muß
aufgebrochen werden, damit Vernetzungen, Querverbindungen,
arbeitsspezifische Synergien entstehen können.
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Orte müssen geöffnet werden für die Bedürfnisse der
Produzenten hier in der Stadt. Ausschliessliche Zugriffsrechte
hochsubventionierter Einrichtungen auf ihre Spielorte müssen gelockert
werden und dürfen nicht durch horrende Mieten künstlich blockiert
werden (z.B. Südflügel Kulturbahnhof; Konzertsaal Musikakademie, TiF).
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Verwaltung und Kulturpolitik müssen transparenter werden, die undemokratische Entscheidungskultur abgeschafft.
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Schaffung von handlungsfähigen Beratungs- und
Entscheidungsgremien mit Produzenten,Politikern und
Verwaltungsfachleuten, die nach dem Rotationsprinzip abgelöst werden.
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Zur Vorbereitung, Durchführung und Begleitung dieser
Gremien wäre eine PERMANENTE KULTURPOLITISCHE KONFERENZ einzurichten.
Diese Konferenz könnte die Basis für eine demokratische und
qualtitätsvolle Kultur in Kassel werden.
22
Das Steuerwesen muß im im Hinblick auf diese Aufgaben geändert werden (z.B. Gewerbesteuerreform).